Das eigene Haus selber bauen

„Ich hätte gerne ein günstiges Haus nach meinen eigenen Vorstellungen: groß, wohngesund, energiesparend, am Stadtrand, im Grünen, an der U-Bahn, ohne Schadstoffimmissionen.“ Sind die Ansprüche höher, werden Sie weder beim Bauträger noch beim Fertighausanbieter wirklich fündig werden.

Es bleibt Ihnen somit nichts anderes übrig, als selbst zum Bauherrn zu werden, um aktiv am Planungs- und Bauprozess mitwirken zu können. Während Sie beim Immobilienkauf vom Bauträger rechtlich praktisch nicht in den Bauprozess eingebunden sind, obliegt es nun Ihnen als Bauherr (auch „Bauwerber“ genannt), wie und was Sie bauen. Natürlich abhängig von den Anforderungen und baurechtlichen Vorgaben des Flächenwidmungsplans und der Bebauungsbestimmungen.

Eigenleistung

Wer Zeit und handwerkliches Geschick hat, kann mit Eigenleistungen gut Geld sparen. Aber Achtung! Es kann auch das genaue Gegenteil passieren. Daher rate ich grundsätzlich von Eigenleistungen ab. Die baurechtlichen und bautechnischen Anforderungen sind heute in keiner Weise mehr mit jenen aus Großvaters Zeiten vergleichbar. Bautechnisch hat 1950 die chemische Industrie Einzug gehalten. Wir sind an einem Punkt angelangt, wo die falsche Kombination von Baustoffen und Fertigprodukten fatale Auswirkungen haben kann. Dazu kommt, dass aus Sicht bautechnischer Zulassungen Produkte verschiedener Hersteller meist nicht mehr kombiniert werden dürfen, etwa die Dämmplatte vom „Hersteller A“, der Putz vom „Hersteller B“. Ein zusammengestoppeltes Bauteil ist nach normativer Begrifflichkeit unter Umständen nicht „systemkonform“. Dieses führt damit automatisch zu einer mangelhaften Ausführung, jedenfalls zu einem Garantieverlust.

Auch bauphysikalisch hat sich einiges geändert. Die Gebäudehülle wird dicker und immer dichter. Auf beiden Seiten. War früher die Gebäudehülle auf beiden Seiten massiv undicht, so hatte das auch den Effekt, dass anfallendes Schadwasser rasch wieder abtrocknen konnte. Heute führen oft schon kleinste Fehler zum Totalverlust der Konstruktion.

Schwarzarbeit und Nachbarschaftshilfe

Aus finanzrechtlicher Sicht ist die Grenze zwischen Nachbarschaftshilfe und Schwarzarbeit schmal und auch nicht zur Gänze geregelt. Ein Handwerker, der in seiner Freizeit nicht nur seinem Nachbarn hilft, sondern auch Freunden ein Dorf weiter, überschreitet sie womöglich bereits. Der freundliche Pensionist, der in der Nachbarschaft entgeltlich Hilfe anbietet, betreibt jedenfalls schon „Schwarzarbeit“. Er muss seine Tätigkeiten der Gewerbebehörde und dem Finanzamt melden. Die „echte und unentgeltliche Nachbarschaftshilfe“ geht noch durch, aber nicht einmal da ist geklärt, ob die normale Verpflegung nicht schon als Entgelt gewertet werden kann.

Es kommt noch dicker: Wenn Sie bei der Beschäftigung von Schwarzarbeitern erwischt werden, drohen Ihnen saftige Strafen. Es wird also nicht nur der Pfuscher selbst mit Sanktionen belegt. Im Gegenteil. Wer im großen Stil über einen längeren Zeitraum für den Hausbau wissentlich Schwarzarbeiter beschäftigt, begeht womöglich Sozialbetrug und riskiert dann auch eine Haftstrafe.

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Wenn Ihnen ein Bauunternehmer einen „Polier“ oder „Bauleiter“ kostenpflichtig zur Seite stellt und Sie mit Ihrer fachlich versierten Verwandtschaft bauen möchten, ist das in Ordnung. Aber vereinbaren Sie, dass der Bauunternehmer auch in der Haftung bleibt. Vereinbaren Sie weiters bauabschnittsweise Prüfungen durch den Unternehmer, mit einer schriftlichen Freigabe der fertiggestellten Bauabschnitte. Beachten Sie jedenfalls das Bauarbeitenkoordinationsgesetz und sorgen Sie für Sicherheit auf der Baustelle!

Achten Sie auch darauf, dass Sie als „Außenstehender“ nicht ein gut eingespieltes Team stören. Sie können natürlich als Hilfskraft tätig werden, indem Sie etwa die Baustelle räumen, Material reichen, Schutt entsorgen und dergleichen. Damit sind Ihre Eigenleistungen circa 15 bis 20 Euro pro Stunde wert, also die Selbstkosten einer derartigen Arbeitskraft. Auf jeden Fall müssen Sie den Abrechnungsmodus genau vereinbaren. Halten Sie diese Vereinbarung schriftlich mit der Unterschrift beider Parteien fest.

Auch wenn Sie ein sehr begabter Heimwerker sind, basteln Sie keinesfalls bei Arbeiten mit, die Sie nicht gelernt haben. Schon gar nicht bei den essenziellen Bauteilen wie dem Keller, der Abdichtung, dem Mauerwerk, der Fassadendämmung, der Haustechnik und der Luftdichtheitsebene sowie dem Dach. Diese gehören in Profihände. Toben Sie sich in anderen Bereichen der Baustelle aus. Dort, wo Sie keinen allzu großen Schaden anrichten können, beispielsweise bei Maler- und Bodenlegerarbeiten oder an der Außengestaltung.

Kosteneinsparung am falschen Ort

In letzter Zeit wird es immer beliebter, dass Bauherren das Material selbst einkaufen. Nicht zuletzt deshalb, weil die Baumärkte mit großen Kundenrabatten locken. Sie können jedoch sicher sein, dass Ihr Handwerker noch mehr Rabatt bekommt. Außerdem deckt er einen Teil seiner Kosten damit, indem er auf Lohn und Material aufschlägt. Nehmen Sie ihm die Aufschläge auf das Material, wird entweder sein ursprüngliches Angebot ungültig oder er schlägt eben woanders drauf.

Wenn das Material schon im ursprünglichen Angebot extra ausgewiesen ist, können Sie es mit den Baumarktpreisen vergleichen und entsprechend verhandeln. Aber kaufen Sie nicht selbst Material ein. Sie laufen sonst Gefahr, dass Sie zu viel oder zu wenig oder sogar das Falsche einkaufen.

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Falle Materialeinkauf im Baumarkt

Während ein Professionist nur zugelassenes und den Normen entsprechendes Material einbauen darf, finden sich in Baumärkten Produkte mit entweder minderwertigeren Eigenschaften, oder eben Teile, die nicht für den beschriebenen Einsatzbereich geeignet sind. Beispielsweise Terrassen- oder Brandschutztüren, welche nicht für den frei bewitterten Bereich taugen. Oder Dachabdichtungsbahnen, welche normativ dafür gar nicht vorgesehen sind. Dazu erinnere ich mich an einen Fall, wo ein Dachfenster im Baumarkt billiger als über den Großhandel angeboten wurde. Natürlich habe ich beim Händler reklamiert, der mir erklärte, dass das Baumarktfenster eigentlich für den ungarischen Markt vorgesehen war. Das Billigfenster hatte beispielsweise kein Hagelschutzglas.

Generalunternehmer oder Einzelvergabe?

Sie haben nun die Wahl, einen Generalunternehmer oder viele Einzelfirmen zu beauftragen.  Viele Bauschäden entstehen durch eine fehlerhafte Koordination zwischen den Gewerken und durch nicht „gewerksübergreifendes“ Denken einzelner Bau- und Handwerksfirmen. Dieses „Nicht-über-den-Tellerrand-Schauen“ hat meiner Meinung nach schon in der Gesetzgebung und den Normen, aber auch in der bekannten Warn- und Prüfpflicht, seinen Ursprung. Die betrifft nämlich meist nur das Gelingen des eigenen Gewerks. Fremdgewerke sind dabei nur in sehr geringem Ausmaß zu prüfen.

Die – nicht automatisch geltende und nicht immer für Sie vorteilhafte – ÖNORM B2110, „Allgemeine Vertragsbestimmungen für Bauleistungen“ besagt dazu auszugsweise und sinngemäß: „Der Auftragnehmer hat sich vor Leistungserbringung vom ordnungsgemäßen Zustand von bereits fertiggestellten Leistungen unter Anwendung pflichtgemäßer Sorgfalt zu überzeugen. Erkennbare Mängel, die die geforderten Eigenschaften, der von ihm auszuführenden Leistungen ungünstig beeinflussen könnten, ... sind dem Auftraggeber unverzüglich bekannt zu geben.“ Da steht aber auch Folgendes: „Mängel, zu deren Feststellung umfangreiche, technisch schwierige oder kostenintensive Untersuchungen oder die Beiziehung von Sonderfachleuten erforderlich sind, gelten als nicht erkennbar im Sinne der Norm ...“ Und genau da beginnt der Streit!

Muss der Installateur wissen, dass das Hochlochziegelmauerwerk erst mit dem Innenputz luftdicht wird? Hätte der Innenputzer fragen müssen, ob hinter dem bereits vermauerten Spülkasten ein Putz angebracht wurde?

In dem Sinne rate ich dazu, so wenig Einzelgewerke als möglich zu beauftragen. Allenfalls eine Firma für das gesamte Dach, den Baumeister für das Haus und eine Haustechnikfirma für Elektro und Sanitär. Vereinbaren Sie mit diesen drei „Generalunternehmern“, dass diese sich auch untereinander abstimmen müssen.

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Wie ein Bausachverständiger (s)ein Traumhaus richtig bauen würde.